In den letzten Wochen musste ich mich trotz guter Vorsätze ein bisschen zurückziehen. Diverse tragische Vorfälle im Umfeld haben mich so sehr aus der Bahn geworfen, dass ich nicht recht die Muse fand, mich dem Blog zu widmen. Zudem waren die Wochen sehr arbeitsreich. Nun aber steige ich wieder ein mit einer Montagsfrage, zu der ich witzigerweise sogar schon mehrfach wissenschaftlich gearbeitet habe. Es geht nämlich um Political Correctness in (klassischen) Kinderbüchern.
Die Montagsfrage ist eine Aktion von Wordworld.
WIE STEHT IHR ZUR POLITICAL CORRECTNESS IN KLASSISCHEN (KINDER-)BÜCHERN ?
Wie bereits erwähnt, habe ich bereits wissenschaftlich zu dieser Frage gearbeitet. Erst Anfang des Jahres habe ich z.B. als Lektorin eine Arbeit betreut, die sich mit der Frage beschäftigte, wie mit Pipi im Taka-Tuka-Land zu verfahren sei, da in diesem Kinderbuch Worte Verwendung finden, die man heutzutage als Beleidigung werten würde.
Und da sind wir auch schon am Punkt: heutzutage. Wer Lindgren kennt, weiß, dass sie nicht als rassistisch zu bezeichnen ist. In der damaligen Zeit war dieses Wort schlicht noch nicht so negativ aufgeladen, wie heute. Ich habe viel dazu recherchiert und tatsächlich bezeichneten sich einige Personengruppen selbst mit dem heute als racial slur bekannten Wort. Die negative Abwertung kam erst viel später dazu. Darüber hinaus betont Lindgren in ihrem Roman, dass jedes der Kinder gut ist – unabhängig der Hautfarbe. Wer da also eine diskriminierende Bedeutung hinein interpretieren will, muss sehr kreativ sein.
Wie aber heutzutage damit umgehen?
Zunächst muss man, finde ich, zwischen Klassikern und modernen Geschichten entscheiden und immer die Entstehungsumstände im Kopf behalten. Bei einer modernen Geschichte erwarte ich, dass eine nicht diskriminierende Sprache gewählt wird, außer es ist für die Geschichte notwendig (z.B. ein aufklärendes Kinderbuch, ein Kind nennt das andere Kind bei einem racial slur, es wird aufgearbeitet als Kern der Geschichte, usw.).
Bei Klassikern hingegen würde ich persönlich nichts be- und überarbeiten. Dass z.B. bei Roald Dahl oder Lindgren Überarbeitungen stattfinden sollen, empfinde ich als anmaßend. Das sollte meiner Meinung nach nicht getan werden. Stattdessen würde ich mir wünschen, dass z.B. Verlage diese Worte nicht unkommentiert lassen in Neuauflagen. In Lindgrens Buch etwa gab es eine erklärende Fußnote, dass bestimmte Begriffe heutzutage beleidigend und verletzend sind und nicht benutzt werden dürfen. Das war zwar etwas knapp, aber in meinen Augen besser, als die Romane einfach zu überarbeiten.
Ideal fände ich, wenn in neuen Auflagen ebensolcher Klassiker an der konkreten Stelle ein Fußnotenverweis erfolgt und in einem Anhang o.ä. eine längere Erklärung / Erläuterung geboten wird. So können entweder die vorlesenden Erwachsenen aufklären oder aber – natürlich muss die Erklärung kindgerecht gehalten werden – die Erst-/Selbstleser selbst die entsprechenden Informationen erläutern bzw. erhalten .
Und ich weiß, dass es das Argument gibt, dass man die Worte schlicht einfach nicht mehr reproduzieren sollte. Dass, wenn man sie aus den Romanen streicht, die Kinder sie gar nicht erst lernen. Aber seien wir mal ehrlich – sieht so die Realität aus? Wenn Kinder nicht in den Romanen darauf stoßen und im Idealfall, wie von mir vorgeschlagen, eine Erläuterung erhalten, dann hören sie sie vielleicht als Beleidigung auf dem Schulhof, im Bus, wo auch immer. Und da hätte ich es lieber, wenn das Kind das Wort in einem kritisch kommentierten Roman aufschnappt, als als Beleidigung im Klassenzimmer.