Der ein oder andere weiß es vielleicht schon, aber ich bin großer, um nicht zu sagen riesiger True Crime Fan. Ich liebe die Podcasts von Zeit Verbrechen, ich lese die Magazine, ich lese nahezu jedes Buch was mir dazu in die Finger fällt und ich höre alle möglichen Podcasts zum Thema. Daher kam ich auch um folgendes Buch nicht drumherum.

AUTOR Stephan Harbort
VERLAG Droemer
ERSCHIENEN 2018, 2. Aufl.
SEITEN 272
Übersetzer /
PREIS 9,99 € (TB)
GENRE Sachbuch, True Crime
REIHE /
ISBN 3426301865
LESEZEIT 5H 8M
Klappentext
„Stephan Harbort ist Deutschlands bekanntester Serienmord-Experte und True-Crime-Autor. In seinem neuen Buch nach “Killerfrauen” erzählt er wieder von wahren Kriminalfällen, zum ersten Mal aber von Kindern, die getötet haben.
Ein sechsjähriger Junge findet bei seinem Onkel eine Pistole und erschießt damit zwei Stunden später seine Klassenkameradin. Das Motiv: Sie hat ihm zugeflüstert, dass sie ihn nicht mag.
Die Polizei überführt einen 13-jährigen Jungen, der zwei gleichaltrige Jungen auf dem Gewissen hat. Er wird zum jüngsten Serienmörder Deutschlands.
Ein zwölf Jahre altes Mädchen tötet, gemeinsam mit ihrem Freund, Vater, Mutter und Bruder, weil ihre Familie mit der Beziehung nicht einverstanden gewesen ist.
Stephan Harbort erzählt acht spektakuläre Fälle von Kindern, die zu Mördern wurden. Er erklärt, was die Kindheit der Täter beschwerte, was sie außer Kontrolle geraten ließ und was sie dazu brachte, Taten zu begehen, die sonst nur Erwachsene verüben.
Dabei stellt der Kriminalexperte fest, dass die Motive der kindlichen Täter denen der erwachsenen Mörder sehr ähnlich sind – es geht um Alltags- und Beziehungskonflikte, Macht, Habgier und sexualisierte Gewalt. Und obwohl die Kinder strafunmündig sind und juristisch nicht zur Verantwortung gezogen werden können, bedeutet das nicht, dass sie bei ihren Taten kein Schuldbewusstsein hatten oder nicht wussten, was sie taten.“
Meinung
Bis dato hatte ich mich noch nicht wirklich mit True Crime beschäftigt, bei dem die Taten von Kindern verübt wurden. Natürlich kennt man diese Taten, als Amoklauf etc. Aber ich finde, das Thema ist durchaus immer noch ein… exotisches? Zumindest eines, das schwer zu fassen ist. Denn warum tötet ein Kind? Wir verstehen, wenn ein Erwachsener tötet – zumindest in Teilen -: Habsucht, Rache, Liebe, Grausamkeit. Kinder hingegen gelten in der Regel als unschuldige Wesen, wer würde ihnen Grausamkeit zutrauen?
Harbort erzählt die Geschichten einiger jugendlicher Täter und beleuchtet dabei, dass die Intentionen durchaus so komplex sind, wie bei erwachsenen Tätern. Besonders in Erinnerung blieb mir, aufgrund seiner Grausamkeit, ein Amoklauf zweier Schüler, bei dem die Kinder durch eine Falle auf den Hof gelockt wurden und nicht mehr fliehen konnten. Die kindlichen Täter lauerten auf einer Anhöhe und hatten freie Schussbahn. Dieses Verhalten ist natürlich an Grausamkeit kaum zu übertreffen. Doch neben den „klassischen“ Amokläufen, von denen man leider viel zu häufig gerade aus den USA hört, gibt es auch sexuell motivierte Verbrechen, Verbrechen aus reiner charakterlicher Abartigkeit, Verbrechen aus Rache. Viele der Kinder können ihre Taten gar nicht begreifen, nicht die Endgültigkeit begreifen. Dich sie sind für ihr Leben gebrandmarkt.
Interessant, und auch darauf geht Harbort sehr gut ein, sind vor allem die Hintergrundgeschichten. Das Elternhaus der Kinder. Die Lebensumstände. Denn nicht immer sind die Kinder aus sozial schwachen Familien. Durchaus ist einer der Jungen gerade deshalb zum Täter geworden – oder wurde doch zumindest darin bestärkt – insofern seine Eltern ihm jeden Wunsch von den Lippen ablasen und sich von dem Dreikäsehoch tyrannisieren ließen.
Wer sich für True Crime interessiert und hart im Nehmen ist – ich zumindest fand den Gedanken, dass es sich hier um Kinder handelt wirklich grausam – findet in diesem Buch eine wirklich kurzweilige und zum Nachdenken anregende Lektüre, die ich als absolut empfehlenswert bezeichnen würde.
Über solche Fälle in Deutschland habe ich mir noch nie Gedanken gemacht und ich frage mich gerade, wie weit der Begriff „Kinder“ in dem Buch gefasst wird. Dass Jugendliche töten und dabei die selben Motive haben wie Erwachsene, finde ich naheliegend, während ich bei Kindern eher erwarte, dass die fehlende Vorstellung davon, welche Konsequenzen ihr Tun hat, dafür sorgt, dass sie zu Mördern werden. Kein schönes Thema, aber bestimmt recht faszinierend, wenn man sich mit den Motiven beschäftigt.
Man hört auch wirklich recht selten darüber. Ich höre, lese und schaue wirklich alles, was mir zu True Crime in die Hände fällt und von kindlichen Tätern wird in der Regel nicht berichtet, vermutlich weil es so ein schlimmes Thema ist.
Der Begriff „Kind“ wird hier bei Harbort tatsächlich als Kind verstanden, nicht als Jugendliche. Die Täter waren, wenn ich mich recht erinnere, alle im Grundschulalter. Und es ist, wie du sagst: sie sind sich der Konsequenz ihres Tuns eben einfach auch nicht bewusst. Das war tatsächlich etwas, was er auch als übereinkommendes Merkmal hervorgehoben hat; dass die Kinder betonten nicht geahnt zu haben welche Folgen das hat.
Ein schönes Thema ist es natürlich absolut nicht, aber sehr interessant. Und vor allem gut zu wissen, denn eines hatten die Kinder auch alle gemein: ein problematisches Umfeld. ich denke wenn man sich mit solchen Fällen beschäftigt, wird man auch ein wenig dafür sensibilisiert, wie es den Kindern geht und welche Risiken bestehen. Ggf. kann man mit einer solchen Sensibilisierung mehr Taten verhindern.
Liebe Grüße
Lisa
Ah, das finde ich spannend, dass es wirklich um so junge Täter geht. Denn von so jungen Kindern als Täter hört man ja doch recht wenig, wenn es nicht um die „kleines Kind tötet beim Spielen mit Papas Waffe anderes Kind“-Schlagzeilen aus den USA geht.
Ja, das sind auch glaube wirklich die gängigsten Assoziationen, wenn man sich mit tötenden Kindern beschäftigt. Das Kind, das versehentlich an die Schusswaffe des Vaters oder der Mutter gelangt und dann durch einen unglücklichen Zufall schießt. Aber einen solchen Fall greift Harbort da nicht auf, auch wenn man festhalten muss, dass tatsächlich ein überwiegender Teil der Fälle in den USA spielt. Es waren auch deutsche Fälle dabei, diese aber deutlich seltener.
Oft sind es wie gesagt auch problematische Kinder bzw. Kinder aus problematischen Verhältnissen, die dann durch die Gewaltanwendung an anderen Kindern Stress abbauen o.ä. Ich habe dann auch ein wenig recherchiert gehabt, was denn aus diesen Kindern wurde. Während das ein oder andere nie wieder straffällig wurde und unter neuer Identität gut leben konnte, konnten sich viele doch nicht aus diesem „Sumpf“ herausziehen und sind auch als Erwachsene wieder kriminell bzw. gewalttätig geworden.
Die Beweggründ sind eben auch… interessant. Also es gibt zB einen 6-jährigen, der eine Klassenkameradin erschießt, weil sie sagte, dass sie ihn nicht mag. Oder eine 12-jährige, die die eigene Familie tötet, da diese nicht mit dem Freund der Tochter einverstanden ist.
Insgesamt sehr erschreckend und vielfach vergisst man, dass es sich um ein Kind handelt, weil die Taten auch gleichwohl von Erwachsenen hätten stammen können, etwa auch der sexuelle Missbrauch und der Tod zum Vertuschen eines kleinen Jungen. Nur dass kein Pädophiler der Täter war, sondern ein etwa gleichaltriger Junge….