Die Woche neigt sich schon wieder dem Ende zu und es ist nun schon der zweite #WritingFriday an dem ich teilnehme. Den Beitrag von Initiatorin Elizzy findet ihr hier 🙂 Sie hat ihrem SUB in einem wunderschönen Beitrag erklärt, warum er auf mittlerweile über 300 Bücher angewachsen ist und was sie gedenkt, dagegen zu tun. Schaut unbedingt einmal vorbei 🙂
Nun aber zu meiner dieswöchigen Schreibaufgabe. Ich habe mir folgende ausgesucht: Schreibe eine Geschichte und flechte darin folgende Wörter ein: Malkasten, Sonneblumen, hungrig, Orange, Unglück.
Die vorsichtigen Striche auf dem Blatt Papier sind zittrig, als ich den Pinsel ansetze. Ein Blick zur Seite verrät mir, dass die Farben in meinem Malkasten fast aufgebraucht sind und ich werde nicht die Möglichkeit haben, mir einen neuen kaufen zu können. Diese Erkenntnis zuckt schmerzhaft durch meine Gedanken und hinterlässt ein Gefühl der Taubheit.
Schon immer hatte ich durch Kunst meine Gefühle ergründen können, mich ihnen stellen können. Und jetzt ist sie mir wichtiger denn je, denn seit dem Unglück lebe ich auf der Straße und jede Nacht suchen mich die Alpträume heim. Es wird erträglicher, sobald ich die Monster aufs Papier banne.
Ich seufze und setze den Pinsel neu an. Ich male einfach, was mir in den Sinn kommt. In der Mitte des Bildes findet sich ein verwitterter Strauß Sonnenblumen wider, er steht in einer an den Rändern zerbrochenen Vase – einst mit Sicherheit schön, aber nun so zerbrochen wie ich selbst. Das Orangegelb der Blumen wirkt dreckig. Leise summe ich vor mich hin. Um mich von dem Hunger abzulenken, der ein Loch in meinen Bauch zu fressen droht.
Die letzte richtige Mahlzeit hatte ich …. ja, wann eigentlich? Ich kann mich nicht erinnern. Seit ich auf der Straße lebe, habe ich vermutlich mehrere Kilogramm abgenommen. Manchmal sehe ich mich in den verzerrend-spiegelnden Fensterscheiben der Geschäfte und erschrecke selbst. Meine Kleidung ist schmutzig, meine Haare verfilzt, mein Gesicht eingefallen. Am Anfang bin ich noch immer in eine Obdachlosenunterkunft gegangen, doch ich habe die Blicke der anderen auf mir gespürt und mich nicht wieder dorthin gewagt.
Hunger. Das Wort wiederholt sich immer und immer wieder in meinem Kopf und unterbewusst zeichne ich weiter. Als sich mein Blick wieder zu klären beginnt, erkenne ich eine große, leuchtende Orange auf dem Blatt Papier. Ich habe sie neben die Vase gemalt und die wunderschöne Frucht steht im krassen Gegenteil zum sonst so schäbigen Motiv.
„Das geht so nicht weiter.“ murmle ich, doch was soll ich denn tun? Frustriert lege ich den Block zur Seite und starre vor mich hin. Ich sitze im Park, habe mir eine ruhige Stelle ausgesucht. Ich habe versucht zu betteln, doch mein Stolz ließ es nicht zu. Manchmal kommt Pete vorbei und bringt mir etwas von seinen Beutezügen. Doch der Junge, in etwa so alt wie ich, hat selbst kaum genug um sich über die Runden zu bringen.
Eine Träne löst sich aus meinem Augenwinkel und ich streiche sie hektisch fort. Ich darf nicht schwach werden. Ich muss das durchstehen. Es wird besser. Irgendwann. Irgendwie.
Ich möchte den Block wieder aufheben, weitermalen. Doch ein unerwartetes Gewicht lässt mich aufsehen. Auf dem Block liegt eine saftige Orange. Mit zitternden Händen hebe ich sie auf. Wende sie. Rieche den vertrauten und doch so unerreichbar geglaubten Duft. Das Wasser läuft mir in den Mundwinkeln zusammen und ich beeile mich, die Frucht zu schälen. Ich bin so hungrig, dass ich gar nicht weiter darüber nachdenke. Woher sie kommt und wer sie dort hingelegt haben könnte. Wie ich es verpasst haben könnte, dass jemand hier war.
Erst als ich die Hälfte der Orange bereits aufgegessen habe, sehe ich auf. Weit und breit ist niemand zu sehen. Mein Blick fällt auf den Zeichenblock. Darauf zu sehen: Ein Strauß blühender Sonnenblumen in einer makellosen Vase – doch von der Orange keine Spur.