Eigentlich bin ich momentan ziemlich rar, was den Blog angeht. Dennoch bin ich dank der lieben Tina von Buchpfote auf die dieswöchige Montagsfrage aufmerksam geworden und aufgrund des für mich recht „persönlichen“ Themas, mische ich mich doch einmal ein, denn die Frage duiese Woche lautet:
Wie sehen sich Blogger im Vergleich zu professionellen Literaturkritikern?
Warum ist das für mich so persönlich? Weil ich mich irgendwo in beiden Sparten widerfinden kann. Damit möchte ich nicht abgehoben klingen, sondern schlicht und ergreifend auf mein Studium verweisen. Der Bachelorstudiengang der Germanistik der Uni Jena sah verschiedene Module im Bereich „Kreatives Schreiben“ u.ä. vor. In diesem Kontext kam ich z.B. in den Genuss einer Lesung von Ijoma Mangold. Besonders prägend für mich war auch ein Seminar zur Literaturkritik, gelehrt von Frau Maike Albath. Meinen freiwilligen Schwerpunkt im Germanistik Studium im Bereich der Literatur habe ich also ganz klar bei der Literaturkritik gesetzt und wurde dementsprechend akademisch in diesem Bereich ausgebildet.
Wenngleich ich nicht als Literaturkritikerin arbeite, habe ich also einen entsprechenden Einblick genossen und versuche auch immer wieder, das Erlernte in den Blog einfließen zu lassen. Für mich ist der immer wieder angesprochene Widerspruch zwischen Bloggern und Literaturkritikern daher durchaus zwiespältig.
Zum einen verstehe ich sehr gut, dass Literaturkritiker nicht mit Bloggern gleichgestellt werden möchten. Die Literaturkritik ist, wie ich am eigenen Leib erfahren habe, ein zu erlernendes Handwerk. Die meisten Literaturkritiker sind wirkliche Profis, studierte Literaturwissenschaftler (Romanisten, Germanisten, usw.), beschäftigen sich hauptberuflich mit diesem einen Thema: Der Literatur. Sie haben eine akademische oder berufliche Laufbahn durchschritten, die sie genau auf diesen Bereich vorbereitet hat. Blogger hingegen haben dies meist* nicht.
*Es gibt sehr viele studierte Lit-Blogger. Hier wären allein Stehlblüten und Lesen In Leipzig zu nennen. Das sind nur die Frauen, die mir spontan einfallen und bei denen ich mir sicher bin, weil sie mit mir im Seminar saßen 😀 Aber es gibt sicher noch eine Vielzahl weiterer Literaturbloggerinnen, die einen ähnlichen Background haben, seien es Buchhändler, Bibliothekare oder eben Germanisten / Literatur- und Sprachwissenschaftler.
Zum anderen ist beiden „Gruppen“ eines gemein: Sie beschäftigen sich intensiv mit Literatur, lieben Literatur, lesen Literatur, wollen über Literatur sprechen und mit anderen Lesern in Kontakt treten, Empfehlungen aussprechen, Bücher bewerten. Die einen mögen vielleicht das Handwerk von der Pike auf gelernt haben, aber die anderen gehen nicht mit minder viel Leidenschaft ans Werk. Auch sie sind, in meinen Augen, Literaturkritiker.
Auch eine Hobbyschneiderin, die womöglich „nur“ Abendkurse besucht hat und/oder via „learning by doing“ ihr Handwerk erlernt hat, ist eine Schneiderin. Ihre Kleider können genauso schön oder gar schöner sein, als die professionell gefertigten Stücke. Nicht jede professionelle Schneiderin ist begabt und fertigt qualitative, schöne Kleidung. Ebenso ist es bei den Köchen. In früheren Jahren kannte ich einen Kantinenkoch, der aus der Not heraus diesen Beruf ergriff. Seine Speisen schmeckten weit weniger grandios als die eines befreundeten Hobbykochs, der mit allem Herzblut am Topf stand.
Die Blogger haben zudem einen wichtigen Vorteil, den insbesondere Feulletonisten nicht haben: Sie lesen Nischen. Ich habe ehrlich gesagt in noch keiner Literaturkritik eine Wort über Indies, Fantasy, usw. gelesen. Klar, das mag es schon geben, aber es ist doch weit weniger verbreitet, oder? Wo aber können nun Leser genau dieser Genre stöbern? Genau, auf Blogs.
Ich könnte vermutlich noch einen gesamten Roman verfassen und hätte noch immer nicht alles in Worte gefasst, was mir durch den Kopf geht zu diesem Thema. Daher nur noch kurz meine eigene Wahrnehmung:
Ich bin keine Literaturkritikerin, aber ich habe eine Ausbildung genossen, die mich theoretisch dazu befähigen sollte. Deswegen sehe ich mich als so ein „Mittelding“, Blogger mit literaturkritischen Zügen – oder so. Und von diesem Standpunkt aus bin ich der Meinung, dass der Blogger sich nicht verstecken muss und der Literaturkritiker, sofern er sich denn dort befindet, vom hohen Ross herunter steigen muss. Das Ziel beider ist, wie ich bereits sagte, dasselbe und im Endeffekt wollen wir uns doch alle über Literatur austauschen. Wir nutzen dafür andere Medien und wir haben verschiedene Backgrounds – und das ist gut so, denn so kann sich auch jeder Leser repräsentiert fühlen und ihm obliegt es, ob er lieber im Feuilleton blättert, auf dem Blog surft oder – wie ich es am liebsten handhabe – einfach beides!