Im Sommersemester 2021 besuchte ich ein Seminar, welches sich mit authentischen Berichten russischer KZ-Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald und der Übersetzung dieser Berichte beschäftigte. Buchenwald ist keine 100 km entfernt. Mein Freund stammt aus dem direkten Nachbarort des KZ. Fuhren wir zu Besuch zu seinen Eltern, so fuhren wir auch stets an Buchenwald vorbei. Einmal besichtigten wir sogar das frei zugängliche Gelände. Während also schon „normale“ Berichte aus Konzentrationslagern einem an die Nieren gehen, hat dieses Seminar in mir noch einmal aufgrund dieser „Nähe“ einen besonders lauten Nachhall hervorgerufen.
Ich interessiere mich schon immer für Geschichte, v.a. des Nationalsozialismus und der DDR. In den letzten Jahren habe ich aber seltener darüber gelesen. Der Besuch des Seminars hat mich dazu angespornt, mich wieder mehr mit dem Thema zu beschäftigen. Und so kam es dazu, dass ich „Wir haben das KZ überlebt“ von Reiner Engelmann las, welcher Zeitzeugenberichte Überlebender gesammelt und für die Nachwelt aufgeschrieben hat.
AUTOR Reiner Engelmann
VERLAG cbt
ERSCHIENEN 2021
SEITEN 256
Übersetzer –
PREIS 10,00 € (TB)
GENRE Biografie, Historisches
REIHE –
ISBN 978-3570314104
LESEZEIT 4 h 3 min
Meine Meinung
Es ist schwierig ein solches Buch zu bewerten. War es schön, was ich gelesen habe? Nein, ganz sicher nicht. Aber es war wichtig. Die Zeitzeugen, die uns von den Schrecken der Lager und des NS-Staates berichten können, sind alt. So alt, dass man leider jährlich davon lesen muss, dass ein weiterer Überlebender verstorben ist. Die, die noch leben, sind im allerhöchsten Alter. Bald wird niemand mehr davon berichten können, was in den 1930er/40er Jahren geschah.
Umso wichtiger ist es – in meinen Augen – dass Dokumente wie diese geschaffen werden. Dass sich sensible und interessierte Menschen mit den Überlebenden zusammensetzen, ihnen zuhören und schreiben. Jedes Wort, jeden Gedanken, jede Erinnerung.
Reiner Engelmann hat das getan und zwar auf eine sehr gute Weise. In dem Buch ist jedem Zeugen ein Kapitel zugedacht mit Fotos und, vor allem, der Lebensgeschichte des Betroffenen. Der Leser erfährt, wie diese oft sehr mutigen Menschen unvorstellbares Leid überleben. Ein Leid, dass sich keiner von uns auch nur im Ansatz vorstellen kann.
Besonders toll fand ich an dem Buch, dass jedes Kapitel auch mit einem „Ausblick“ endete, d.h. einem Bericht, wie es dem Betroffenen nach seiner Befreiiung erging, wie sie nach dem Erlebten damit lernten zu leben und umzugehen, wie sie begannen, ihre Stimme zu erheben.
Mit nur 256 Seiten, die auch einige Bilder beinhalten, ist diese Sammlung von Zeitzeugenberichten knapp, bündig und dennoch sehr informativ. Ich kann es wirklich nur jedem empfehlen.