Eher durch großen Zufall, denn alles andere, stieß ich im Januar auf die Seven Sins Reihe von Lana Rotaru. Ich war auf der Suche nach einem blauen Cover aus dem Hause Impress für eine Challenge. Und da „Hochmütiges Herz“ recht interessant klang – ich mochte schon immer das Aufgreifen der Sieben Todsünden in Büchern und Serien – kaufte ich es. Und das war eine der vermutlich besten Leseentscheidungn dieses Jahres. Warum erfahrt ihr in der folgenden Rezension.
AUTOR Lana Rotaru
VERLAG Impress
ERSCHIENEN 2019
SEITEN 392
Übersetzer –
PREIS 4,99 € (eBook)
GENRE Fantasy, Romantasy
REIHE Seven Sins, Band 1
ISBN 3551302340
Inhalt
Avery lebt gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem besten Freund nahe des Meeres. Sie surft gern. Hat einen kleinen, aber liebevollen Freundeskreis und an sich scheint alles perfekt. Nur ihr Vater trübt das Glück ein wenig. Als sie noch klein war, verließ er die Familie zugunsten seiner Schauspielkarriere. Aber damit kommt sie klar, denn Adam – ihr bester Freund – hat sie aufgefangen, als sie sich die Schuld für das Verschwinden ihres Papas gab.
In der Woche vor ihrem 18. Geburtstag bemerkt Ave jedoch einige Veränderungen. Sie halluziniert und glaubt sogar, zu ersticken. Panik kriecht in ihr auf. Sie glaubt, nun endgültig verrückt zu werden. Doch zu ihrem Geburtstag soll sich herausstellen: Es ist noch viel, viel schlimmer. Denn Averys Seele wurde verkauft und nun soll sie sterben. Ihre letzte Chance? Das Bestehen jener Prüfungen, die noch nie ein Mensch zuvor bewältigen konnte. Ihr zur Seite steht dabei jedoch nicht nur ihr bester Freund Adam, sondern auch der mysteriöse Seeleneintreiber Nox – und der ist alles andere als liebenswert.
Meinung
Ich habe schon lange, wirklich lange, kein Buch mehr gehabt, das mich so in seinen Bann hat ziehen können. War ich am Anfang noch skeptisch, wurde das Buch für mich Seite um Seite mehr zu einer Sucht. Und ich kann nur deshalb nicht sagen, dass es eines der besten Romantasy-Bücher ist die ich kenne, weil ich auch Band 2 schon gelesen habe und dieser den ersten noch toppen konnte. Dazu aber in der folgenden Rezension mehr. Nun erst einmal zu Band 1.
Im Zentrum des Romans steht Avery – eine sehr angenehme und sympathische Protagonistin. Während ich in einigen Büchern jetzt immer wieder eher unsympathische Protas hatte und die Geschichten eher der Story halber mochte, konnte mich Ave für sich gewinnen. Mit ihren kurzen, platinblonden Haaren und ihrer frechen, aber absolut genialen Art fällt sie aus dem Raster der typischen Protagonistinnen. Stattdessen ist sie eines dieser Mädchen, mit denen man am liebsten sofort befreundet wäre – ich zumindest.
Adam ist ihr bester Freund. Er sieht verdammt gut aus und ist stets an Averys Seite. seit sie sich damals kennen lernten und Adam ihr über die Trauer über ihren Vater hinweghalf, sind sie unzertrennlich. Für Adam empfindet Ave eine unromantische, dafür aber absolut ehrliche Liebe.
Dritter im Bunde der Protagonisten ist Nox, der Averys Seele zu ihrem achtzehnten Geburtstag „kassieren“ soll. Mit seiner durchtrainierten Figur und den wunderschönen grünen Augen ist er natürlich ebenfalls nicht zu verachten. Doch er ist ein Arsch. Ein riesengroßer Arsch. Und er lässt Ave keine Sekunde daran zweifeln, dass er ihr nur aus egoistischer Motivation heraus hilft. Dennoch muss Ave irgendwie mit ihm auskommen, denn durch den Vertrag sind sie gemeinsam an die Prüfungen gebunden und wenn einer von ihnen stirbt, sterben auch die anderen. Und die Aussichten, was danach kommt, sind wenig rosig.
Die Idee, die sieben Todsünden, Dämonen oder Engel in einer Urban Fantasy aufzugreifen, ist nicht neu. Dämonen und Engel haben wir z.B. auch bei Nalini Singh’s Gildenjägern. Dennoch handelt es sich bei der Grundidee des Buches aus meinen Augen um einen uniquen und absolut lesenswert umgesetzten Plot.
In unserer modernen Welt sind die Verlockungen des Bösen umso größer. Höllendiener Nox bringt das auch super auf den Punkt:
Ihr erfindet Waffen und wundert euch darüber, dass es Kriege gibt. Ihr rottet ganze Spezies, Wälder und Länder aus und beschwert euch anschließend, wie kaputt eure Erde ist – dass sie vor dem Untergang steht. Aber anstatt aus euren Fehlern zu lernen, strebt ihr ständig nach mehr.
Nox
Zitate wie diese sind es, die belegen, dass das Buch auch abseits der fantastischen Idee sehr reale Problematiken anspricht und pointiert den Leser zum Nachdenken anregt. Ja, was wäre denn, wenn es den Teufel wirklich gäbe? Ich denke durchaus, dass Nox recht hat: Der Teufel würde das Internet, die neuen Möglichkeiten und die immer größer werdende (Geltungs-)Gier der Menschen nutzen, um seine Geschäfte zu tätigen. Dass das Buch trotz des extrem spannenden und fantastischen Plots solche Problematiken aufwirft, fand ich sehr toll.
Darüber hinaus ist die Story auch wirklich mitreißend. Ave sieht sich ja plötzlich einer Welt gegenüber, die sie so nicht kannte und nicht für möglich gehalten hat. Sie muss sich Prüfungen stellen um am Leben zu bleiben. Und dabei hat sie sowohl ihren besten Freund als auch einen – pardon – Vollpfosten zur Seite. (Einen verdammt tollen Vollpfosten!) Die Freundschaften, die Rotaru in ihrer Reihe konstruiert, sind im Übrigen ebenfalls positiv hervorzuheben. Für Adam empfindet Ave eine so reine und ehrliche Liebe, dass es fast schon weh tut. Dabei ist diese Freundschaft keineswegs unproblematisch. Sie streiten sich, sie haben Meinungsverschiedenheiten. Aber sie haben trotuzdem immer einaner. Eine ebenfalls sehr interessante, wenn auch im zweiten Band noch interessantere, Freundschaft ist die zwischen Ave und Harmony. Denn Harmony ist anstrengend. Und sie hat enorme Charakterschwächen. Und Lana Rotaru zeigt auch diese konfliktreiche und teils angespannte Freundschaft so ehrlich und realistisch auf, dass das erzählerische Geschick der Autorin erkennbar wird.
Wo wir beim Sprach- und Erzählstil wären. Nicht nur Ave ist schlagfertig und teilweise mit ihrem Sarkasmus enorm komisch. Auch Lana Rotaru selbst erzählt ihre Geschichte in einer Mischung aus gefühlvoll und amüsant. Das ist eine wirklich tolle Mischung, die die Emotionen des Lesers rundum (positiv) anspricht.
Am Anfang hatte ich ein wenig Schwierigkeiten in die Geschichte voll einzusteigen. Dieser Sog, den ich später empfunden habe, stellte sich erst ein wenig später ein. Nach etwa 40-50 Seiten. Aber dann war es wirklich um mich geschehen. Neben den sehr tollen Figuren, die Lana Rotaru entwirft, ist stets ein Spannungsbogen auszumachen, der es einem schwer macht, nach einem Kapitel das Buch fort zu legen. Man kann und kann einfach nicht aufhören, denn die Spannung ist stets so gut aufgebaut, dass man es nicht erwarten kann zu erfahren, was eine bestimmte Person sagen wird, was geschehen wird, usw. Und auch das fand ich sehr toll: Es war nicht immer (nur) die Handlung selbst, die diesen Sog ausmachte, sondern auch die Dynamik zwischen den Figuren. Man wollte einfach wissen, wie ein bestimmtes Pairing, eine bestimmte Freundschaft oder auch Feindschaft weiter gehen würde, was Personen zu einer bestimmten Situation sagen, usw. Eine solche Bindung an die Figuren einer Geschichte empfinde ich immer als besonderen Pluspunkt einer Geschichte.
Einzig kritisch hervorheben würde ich, dass Nox als attraktiver Bad Boy natürlich irgendwo vorausschaubar ist. Da bedient sich die Story gewissermaßen ein wenig den Klischees. Das muss man mögen. Ich tue es und deswegen ist das für mich kein Negativpunkt. Ich weiß aber, dass es sicher viele Leser und Leserinnen gibt, die sich daran stören könnten. Und auch daran, dass Ave ihm eben nicht so einfach widerstehen kann, wie sie gern würde. Daher benenne ich es, wenngleich es wie gesagt für mich persönlich nicht störend war.
Ihr merkt es sicher an der Länge der Rezension: Ich bin begeistert. Für mich ist dieser erste Band der Auftakt zu einer Reihe, die vermutlich am Ende – sofern nichts absolut Schlimmes geschieht – zu meinen Lieblingsreihen gehören wird. Daher gibt es von mir auch die volle Zahl der Sterne.